Sportkanton Zürich
Emotionen, Emotionen, Emotionen: Das war das Forum Sportkanton Zürich 2023
Wieso macht Sport glücklich? Wie werden positive Emotionen im Sport erlebt? Und was begünstigt diese? Das 13. Forum Sportkanton Zürich vom 28. November beschäftigte sich mit der Kraft und Wirkung von Emotionen im Sport und lud dafür hochkarätige Gäste aus Wissenschaft und Sport ein, um über die Thematik zu sinnieren.
Referierten und philosophierten über die Relevanz von Emotionen im Sport: Mark Wolf, Josy Beer, Corsin Caluori, Brigitte Kuhn, Petra Klingler, Franco Marvulli, Urs Hutter, Stefan Schötzau und Mario Fehr (von l. nach r.). Fotos: Kurt Schorrer / ZKS
Tränen, Frust, Wut, Freude: Von Beginn weg ging es in «The Hall» in Dübendorf Schlag auf Schlag los. Ein Jahreshighlight-Video von SRF Sport flimmerte vor dem Publikum über die Leinwand, ein klassischer Zusammenschnitt der grossen Sportereignisse und -momente der letzten zwölf Monate. Der Film gab die Stossrichtung für den Abend vor, welche Moderator Franco Marvulli im Anschluss gleich nochmals unterstrich: «Heute geht es um Emotionen, Emotionen, Emotionen.»
Es war der Startschuss zum 13. Forum Sportkanton Zürich, das ganz im Zeichen der Wechselwirkung zwischen Sport und Emotionen stand. Oder wie es der Titel der Veranstaltung suggerierte: «Wir l(i)eben Sport.» Das Forum beschäftigte sich dabei mit grundlegenden Fragen: Wieso macht Sport glücklich? Wie werden positive Emotionen im Sport erlebt? Und was begünstigt diese? Die eingeladenen Gäste gingen in Anwesenheit von zahlreichen Vereins- und Verbandsmitglieder, Gemeindevertretern und Sportakteuren diesen Fragen nach – teils auf ganz persönlicher Ebene.
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ZKS-Geschäftsführerin Josy Beer beispielsweise erinnerte sich an ihre Zeit als Handballnationalspielerin zurück und an ihre emotionalen Sportmomente: «Auf dem Feld zu stehen und die Hymne zu hören, diese Emotionen kann man nicht erklären.» ZKS-Präsident Urs Hutter teilte Augenblicke, die ihn glücklich machten, ob eine Skitour bei bestem Wetter oder die «anschliessende Belohnung» in Form eines Griessköpfchen. Sportamt-Chef Stefan Schötzau sprach derweil von einer Genugtuung, wenn er vom Büro nach Hause radelt, und die Strecke, welche er vorhin aufwärtsfahren musste, nun abwärts geniessen kann. Und Regierungsrat Mario Fehr erklärte: «Die intensivsten Momente in meinem Leben sind dann, wenn ich mich bewegen kann.»
Erklärte das Wechselspiel zwischen Hirn und Bewegung aus neurologischer Sicht: Barbara Studer.
Sport löst in uns also etwas aus, diese Feststellung bedarf keiner Wissenschaft. Jedoch kann man die Emotionen selbst steuern, zum Positiven wie auch zum Negativen. Dies erläuterte Barbara Studer, Neurowissenschaftlerin der Universität Bern, in einem kurzweiligen Referat. Primär gehe es um ein liebevolles Beeinflussen: «Emotionen kann man steuern, je besser man sie versteht. Sie sind stärker als Gedanken.»
Viele machten jedoch den Fehler, dass man sich ausschliesslich auf die positiven Gefühle konzentriere. Die Folge sei eine rigide Positivität, die krank mache. «Doch negative Gefühle gehören dazu. Wie bei der Leistung geht es auch bei den Emotionen rauf und runter. Wir sind keine Maschinen, wir fühlen in allen Richtungen», erklärt Studer. Und diese «Emodiversität» müssten wir akzeptieren, sodass wir uns und unsere Emotionen verstehen und benennen können.
Emotionen brauchen Energie
Studer führte weiter aus, dass eine gute emotionale Balance wichtig sei, beispielsweise indem man eine starke Beziehung mit seiner Amygdala, sprich dem Angstzentrum, aufbaut, um etwa vor Wettkämpfen nicht zu sehr in eine Negativität zu kippen. Ein essenzieller Bestandteil dieser Beeinflussung der Hirnaktivitäten nimmt dabei die Bewegung ein. «Wenn wir uns bewegen, herrscht im Hirn Party», erläutert Studer.
Nicht nur bilden sich dann neue Verknüpfungen und Zellen, auch sorgen diese für eine bessere Substanz und Stabilität im Hirn. «Emotionen brauchen Energie und die schaffen wir durch Bewegung. Gleichzeit schaffen wir durch viel Bewegungen und viele Erlebnisse positive Emotionen.»
Petra Klingler und Mark Wolf betonten, wie wichtige positive Emotionen für die Leistung sind.
Doch wie erleben wir solche positiven Emotionen konkret? Anhand zweier Doppelinterviews ging Franco Marvulli dieser Frage nach. So berichteten Brigitte Kuhn, Ressortleiterin Sekretariat und Öffentlichkeit des Kantonalen Turnfests Wyland 2023, sowie Corsin Caluori, OK-Präsident des Zürcher Silvesterlauf, über Emotionen im Sport aus Sicht von Organisatorinnen und Organisatoren. Kuhn erinnerte sich dabei vor allem an den Moment nach dem Turnfest, als nach zweieinhalbjähriger Arbeit plötzlich alle Gefühle heraussprudelten: «An der OK-Party haben wir uns alle umarmt, es sind viele Tränen geflossen.»
Die Erinnerung an den Knoblauchgeruch
Caluori und sein OK-Team versuchen derweil, Emotionen beim Silvesterlauf so einzusetzen, dass die Teilnehmenden etwas erleben und sich positiv daran erinnern können. «Wir wollen mit Musik und positiver Stimmung eine schöne Atmosphäre schaffen, und können dabei auch von der einmaligen Kulisse profitieren.» Caluori selbst habe dadurch als einstiger Teilnehmer bestimmte Erinnerungen an den Silvesterlauf: «Als ich noch lief, gab es neben der Strecke immer einen Knoblauchstand. Der Geruch bleibt mir für immer in der Nase – im positiven Sinne.»
«Es ist die Aufgabe eines Coaches, die Emotionen der Athletinnen und Athleten zu verstehen. Tut man dies, kann man mit der richtigen Aktion die richtigen Reize auslösen.»
Mark Wolf, Leiter der Trainerausbildung BASPO
Emotionen können zudem die Leistung fundamental beeinflussen. Sportkletterin Petra Klingler erinnerte sich an den Gewinn des WM-Titels im Bouldern. Und an einen ganz bestimmten Moment: «Kurz bevor ich beim Final an die Wand ging, sah ich nochmals meinen Trainer in den Katakomben. Er lächelte mich nur an und sagte, ich solle es geniessen.» Dieser Moment, dieser Blick werde sie nie mehr vergessen. «Er hat mich wohl zur Goldmedaille geführt. Ich habe es ab dann nur noch genossen.»
Mark Wolf, Leiter der Trainerausbildung beim BASPO, fügte der Anekdote gleich hinzu: «Es ist die Aufgabe eines Coaches, die Emotionen der Athletinnen und Athleten zu verstehen. Tut man dies, kann man mit der richtigen Aktion die richtigen Reize auslösen. Das hat Petra Klingers Coach an der WM anscheinend geschafft.» Noch intensiviert werden solche Emotionen im Teamsport, erklärt Wolf. «Gruppenemotionen sind wie ein Vergrösserungsglas, die Dynamik nach unten wie auch nach oben werden verstärkt.» Und so sei es am Ende immer das Ziel, das Potenzial ganz auszuschöpfen – und das gehe halt vor allem über Emotionen, Emotionen und Emotionen.
Immer wieder während des Events wurde das Publikum aufgerufen, Übungen zu absolvieren. Im Sinne von: Bewegung schafft die positivsten Emotionen.