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Infodossier Podcast Folge 12: Inklusion im Sportverein – miteinander statt nebeneinander
Am 15. Mai 2014 trat in der Schweiz die UNO-Behindertenrechtskonvention in Kraft. Dieser Meilenstein wird von den Nationalen Aktionstagen Behindertenrechte gefeiert, die vom 15. Mai bis 15. Juni 2024 stattfinden. Auch in unserem Podcast widmen wir uns diesem Thema. Sport wird dabei oft als ideale Plattform betrachtet, um Inklusion voranzutreiben. Doch was bedeutet Inklusion für Vereine eigentlich, und wie unterscheidet sie sich von Integration?
Inmitten der Genderdebatte entstehen je länger je mehr Unsicherheiten bezüglich richtigen Bezeichnungen und Begrifflichkeiten. Niemand möchte dabei ins Fettnäpfchen treten. Doch wie können wir Sportlerinnen und Sportler mit Behinderungen oder Beeinträchtigungen respektvoll und angemessen ansprechen? Schon allein bei der Wahl der richtigen Bezeichnung gibt es oft Berührungsängste.
Behindertensportler, Mensch mit Beeinträchtigung oder doch Sportlerin mit Handicap?
Leider können wir an dieser Stelle keine Entlastung bieten, denn es gibt keine eindeutige Antwort auf diese Frage. Wir können lediglich folgende Empfehlung abgeben: PluSport stellt den Menschen in den Mittelpunkt und verwendet daher die Begriffe «Sportler/-in mit/ohne Behinderung» oder «Sportler/-in mit/ohne Beeinträchtigung». Diese Begriffe entsprechen auch den Rückmeldungen, die sie in Gesprächen mit Betroffenen erhalten haben. Es ist vor allem wichtig, diesen Personen mit Respekt und auf Augenhöhe zu begegnen.
Agile, der Dachverband der Organisationen von Menschen mit Behinderungen, hat einen Leitfaden mit Tipps für eine respektvolle Sprache, die Menschen mit Behinderungen nicht diskriminiert und entwertet, erstellt. Auch sie verwenden die Bezeichnung «Mensch mit Behinderung» und empfehlen, wenn möglich, die spezifische Art der Behinderung anzugeben, z.B. Menschen mit Körperbehinderung oder Sehbehinderung.
Der Unterschied zwischen Inklusion und Integration
Daneben gibt es auch das Modewort «Inklusion» zu klären. Was ist nun der Unterschied zur Integration? Bei der Integration werden Menschen in bestehende Strukturen integriert – heisst, Menschen mit Behinderungen führen die gleichen Aktivitäten wie andere Mitglieder durch, möglicherweise in separaten Gruppen. Inklusion geht über Integration hinaus und zielt darauf ab, eine Umgebung zu schaffen, in der alle Mitglieder, unabhängig von ihren Unterschieden, vollständig akzeptiert, unterstützt und respektiert werden.
«Normal» ist, dass die Gesellschaft vielfältig und heterogen ist und über unterschiedliche Bedürfnisse und Interessen verfügt. Dies gelingt beispielsweise durch spezielle Trainingsmethoden oder den Einbezug aller in die Entscheidungsprozesse des Vereins. Kurz gesagt, passt sich Integration an Menschen an, während Inklusion die Strukturen an die Bedürfnisse aller Mitglieder anpasst. Es wird nicht nur Zugang gewährt, sondern auch ein Gefühl der Zugehörigkeit und Mitbestimmung ermöglicht.
Podcast zu Inklusion im Sportverein – miteinander statt nebeneinander
Als Gäste im Podcast begrüssen wir in dieser Folge Reto Planzer und Thomas Dietsche. Reto ist ehemaliger Kunstturner und heute beruflich als Fachperson Sport, Behinderung und Inklusion bei PluSport – Behindertensport Schweiz. Thomas ist Mitglied vom FC Widnau und ein waschechter Vereinsmensch, der von Trainer über OK-Präsident schon zahlreiche Rollen im Vereinssport übernommen hat. Unter anderem ist er Mitinitiant vom Team «FC Widnau PluS» und fungiert als Kontaktperson zwischen «PluSport Behindertensport Rheintal» und dem FC Widnau.
Unterstützungsmöglichkeiten inklusive Sportangebote für Sportvereine
Erhöhte Beiträge bei Jugend+Sport
Sportangebote, die bei Jugend+Sport angemeldet sind, können von zusätzlichen Geldern für den erhöhten Betreuungsaufwand profitieren. Dafür ist es erforderlich, dass eine J+S-Leiterin beziehungsweise ein J+S-Leiter das zweitägige Zusatzmodul «Sport und Handicap» absolviert. Das Modul lehrt die Teilnehmenden, wie ein gemeinsames Training von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderungen erfolgreich gestaltet werden kann. Mehr Infos dazu gibt es auf der Website von Jugend+Sport sowie in ihrem FAQ «Sport und Handicap».
Sponsoring
In einer Zeit, in der sich Unternehmen zunehmend für «Corporate Social Responsibility (CSR)» engagieren, bieten sich vielfältige Möglichkeiten und Chancen, durch Sponsoring finanzielle Unterstützung für Projekte im Bereich der Inklusion zu erhalten. Die Einbindung des lokalen Gewerbes oder bestehender Vereinssponsoren kann dabei einen wichtigen Schritt darstellen. Durch strategische Partnerschaften mit Unternehmen, die ihre gesellschaftliche Verantwortung gegen aussen tragen wollen, können Sportvereine für Projekte im Bereich der Inklusion auf zusätzliche Ressourcen zugreifen. Unternehmen sind oft bereit, Projekte zu unterstützen, die ihre Werte und Ziele im Bereich der sozialen Verantwortung widerspiegeln. Durch gezielte Kontaktaufnahmen mit lokalen Unternehmen oder bereits bestehenden Vereinssponsoren können potenzielle Sponsoring-Partnerschaften identifiziert und entwickelt werden.
Reto Planzer (Fachperson Sport, Behinderung und Inklusion bei PluSport) und Thomas Dietsche (Mitinitiant vom Team «FC Widnau PluS») unterhielten sich im «ZKS Boxestopp» mit Regula Späni über das Thema Inklusion im Sportverein. Foto: ZKS
Klein beginnen und Fehler zulassen
Die Inklusion ist ein fortlaufender Prozess, der Mut erfordert, sich diesem zu stellen und einfach loszulegen. Es ist wichtig zu akzeptieren, dass Fehler passieren können und dass wir aus ihnen lernen können, um tatsächlich eine inklusive Umgebung zu schaffen. Die Erfahrungen des FC Widnau zeigen deutlich, dass Fehler ein natürlicher Bestandteil des Lernprozesses sind. Anstatt sich von ihnen entmutigen zu lassen, sollten wir sie vielmehr als Chance betrachten, um zu reflektieren und uns zu verbessern.
Weitere Vereinsbeispiele
Der HC Winterthur, Finalist des zündwüfel 2024, engagiert sich für Inklusion durch verschiedene Programme. Sie bieten ein wöchentliches Training speziell für Kinder und Jugendliche mit Förderbedarf oder geistiger Beeinträchtigung an, das ihre individuellen Fähigkeiten berücksichtigt und soziale Teilhabe fördert. Zudem hat der HC Winterthur kürzlich mit einem gemischten Team an einer Handballmeisterschaft teilgenommen, bei der Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam spielen.
Der Judo Club Uster, Vivarte Capoeira Zürich, TV Unterstrass Handball oder die SAC Sektion Winterthur bieten ebenfalls spezielle Trainings für Kinder und Erwachsene mit besonderen Bedürfnissen an und sind Träger vom Label UNIFIED Club von Special Olympics. Auch zwei Zürcher Unihockey-Clubs haben im vergangenen Jahr ein Special Team gegründet: die ZO Pumas oder der UHC Uster. Die Mitglieder trainieren bei ausgebildeten Leiterinnen und Leitern im Bereich Behinderung/Inklusion und nehmen aktiv am Vereinsleben teil.
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