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Infodossier Podcast Folge 7: Lobbying im Sport
Beziehungsstatus Sport und Politik: «Es ist kompliziert». Dafür hat sich Regula Späni für die neuste Ausgabe unseres Sportcasts mit Christof Kaufmann, dem Leiter «Public Affairs» von Swiss Olympic, getroffen. Im Boxestopp #7 thematisieren wir, wie Sportverbände und -vereine vorgehen können, um auf politische Entscheidungsprozesse Einfluss nehmen und ihre Anliegen platzieren zu können. Wie gelangt man an politische Entscheidungsträgerinnen und -träger? Oder wie geht man vor, wenn in der Gemeinde eine Abstimmung bevorsteht, die den Verein bzw. den Sport betrifft? Antworten auf diese Fragen finden Sie in der rund 20-minütigen Podcast-Folge.
Die Beziehung von Sport und Politik
Dass Sport und Politik nicht voneinander zu trennen sind, zeigt sich aktuell an den kontroversen Diskussionen rund um die laufenden Fussball-Weltmeisterschaften in Katar. Die politische Dimensionen an solchen Sportanlässen zeigen: Die Politik sonnt sich gerne im und um den Sport. Dies beruht jedoch auf Gegenseitigkeit. Auch der Sport ist auf die Politik angewiesen, wenn es um den Bau einer Sportanlage, Fördergelder oder eine Bewilligung für Anlässe geht. Sport und Politik sind in eine wechselseitige Abhängigkeit verstrickt. Dies betrifft aber nicht nur Grossanlässe auf globaler oder nationaler Ebene. Auch Sportvereine und -verbände können sich engagieren, um politisch einflussreiche Personen oder die Bevölkerung ins Boot des Vereinssports zu holen und damit die Rahmenbedingungen für den Sport und das Vereinsleben auf kommunaler und kantonaler Ebene weiter zu verbessern.
Gemeinsam stark auftreten: das Erfolgsmodell von Sport-Interessengruppen
Ein wichtiger und erfolgreicher Treiber, um auch als kleiner Sportverein und -verband politisch ins Gewicht zu fallen, ist die Gründung einer Interessengemeinschaft. Sportvereine können ihre Position in der Gemeinde stärken, indem sie ihre Kräfte bündeln. Als zentrale Drehscheibe innerhalb der Gemeinde oder einem Gebiet konsolidiert eine IG die Bedürfnisse der Sportvereine und vertritt diese gegenüber Dritten. Aber auch abseits von politischen Themen bringen solche Vereinsnetzwerke Synergien mit sich. Durch eine engere Zusammenarbeit und den intensiven Austausch können Vereine voneinander lernen. Oft resultiert dies in einem weiteren positiven Nebeneffekt: Durch die gegenseitige Unterstützung können Ehrenamtliche entlastet werden.
Ein Beispiel einer erfolgreichen Interessengemeinschaft ist die «IG Sport Region Gossau SG». Bei der IG Sport laufen alle Fäden zusammen. Sie gilt als Bindeglied zwischen dem Bereich «Verwaltung & Politik» sowie den Sportvereinen.
Die IG Sport Region Gossau SG hat kürzlich in enger Zusammenarbeit mit der Fachstelle Sport der Stadtverwaltung eine äusserst erfolgreiche Abstimmungskampagne aufgegleist und realisiert. Gezielte Massnahmen haben dazu geführt, dass im Frühling 2022 75 Prozent der Bevölkerung einem Baukredit für die Erneuerung und Ersetzung von veralteten Sportanlagen von insgesamt 56 Millionen Franken zustimmten. Die Stadt Gossau hat sich auf die Projekt- und Behördenkommunikation konzentriert, während die IG Sport den emotionalen Teil der Kampagne umgesetzt hat. Der koordinierte Auftritt der Vereine in der Öffentlichkeit wurde wie folgt gestaltet:
- Entwicklung eines Kampagne-Slogans, der auf allen Kommunikationsmitteln aufgeführt und damit wiederkehrend breit gestreut wurde
- Im Zentrum der Kampagne standen nicht die Anlagen, sondern die 35 Vereine (Nutzende)
- Jeder Verein hatte sein eigenes Plakat-Sujet im einheitlichen Rahmen. Die Vereine waren dadurch stolz und interessiert, ihr Plakat möglichst oft zu multiplizieren
- Auf dem Flyer in alle Haushaltungen waren alle Vereinsplakate abgebildet (grosse Identifikation, wir stehen gemeinsam hinter dem Projekt)
- Erstellung von 35 Digitalsets mit Visuals für alle Vereinsmitglieder und Freunde zum Teilen auf den sozialen Medien (Identifikation)
- Verlinkung der Kampagnen-Website sportweltgossau.ch auf allen Websites der Vereine, wo das Projekt mit einem attraktiven Kurzfilm vorgestellt wurde
- Entwicklung eines Botschafterkonzepts: Plakataktion und Kurzfilme mit Spitzensportlerinnen und -Sportlern gemeinsam mit Nachwuchsathletinnen und -athleten im Sinne von «Spitzensport hilft dem Breitensport»
- Durchführung einer Strassenaktion: Verteilung von Ballonen, Guetzlis und Flyern
Quelle: Umfrage bei Vereinsvertretenden, deren Vereine einer IG angehören, sowie bei Zürcher Gemeinden mit einer IG Sport.
Auch im Kanton Zürich gibt es Beispiele von erfolgreichen Zusammenschlüssen von Sportvereinen. Die «IG Sport Stäfa» vertritt die Interessen der Stäfner Sportvereine und die Anliegen des Sports in der Gemeinde und hat dadurch bereits einige Erfolge erzielt:
- Regelmässig durchgeführte informelle Treffen mit dem Gemeindepräsidenten und Gemeindeschreiber förderten die Kommunikation zwischen Politik und Sport. Aus dieser Zusammenarbeit entstand die Stelle eines Sportbeauftragten in der Gemeinde.
- Die IG sorgt mit regelmässigen Kontakten dafür, dass die IG und ihre Vereine frühzeitig in die Planungsschritte bei Neu- und Umbauprojekten ins Boot geholt werden. So konnten die betroffenen Vereine zusammen mit der Schule bei der Entwicklung eines Raumprogrammes für den Neubau der Sporthalle Obstgarten mitreden.
In Winterthur laufen derzeit Diskussionen rund um die Benutzung von kantonalen Sportanlagen für die Sportvereine, eine seit Jahren unbefriedigende Situation laut dem Präsidenten des Dachverbandes Winterthurer Sport (DWS), Daniel Frei. Der DWS koordiniert die Informationspolitik zwischen den Vereinen und der Politik. Dies geschieht zweimal im Jahr anlässlich der Parlamentarischen Gruppe Sport (PGS), in welcher je zwei Vertreterinnen und Vertreter jeder Fraktion sowie das Sportamt, der PluSport Behinderten-Sport Winterthur und der DWS vertreten sind. Gemeinsam wurde die Situation analysiert und schlussendlich ein Postulat im Kantonsrat betreffend «Benützung von Räumlichkeiten, Anlagen und Einrichtungen kantonaler Schulen für Trainingseinheiten von U20 Vereinsgruppen» eingereicht. Dabei spielte die Zusammenarbeit zwischen den städtischen und kantonalen Sport-Lobbyisten eine entscheidende Rolle. Der DWS wird den weiteren Verlauf des Postulats mit Interesse verfolgen und hofft für seine Mitgliedervereine, dass schlussendlich eine einheitliche Verbesserung flächendeckend erfolgen wird.
All diese aufgezeigten Beispiele bestätigen, dass der gemeinsame Auftritt aller Sportvereine gewinnbringende Resultate erzielt und Synergien genutzt werden können. In Ihrer Gemeinde gibt es noch keine Interessensgemeinschaft, die sich für die Interessen der Sportvereine einsetzt? Der ZKS begleitet interessierte Sportvereine kostenlos bei der Gründung einer Interessengemeinschaft.
Leitfaden Lobbying in 5 Schritten
Sportpolitische Stellung in den Statuten richtig formulieren
Viele Sportorganisationen möchten nicht in die Nähe einer politischen Richtung gerückt werden und haben sich aus diesem Grund in den Statuten der «politischen Neutralität» verschrieben. Um sich auch statuarisch zu sportpolitischen Themen äussern zu dürfen, empfehlen wir, dies in den Statuten aufzunehmen. Ein möglicher Passus in Bezug auf die politische Ausrichtung des Vereins/Verbands kann wie folgt formuliert werden:
Der Sportverein XY anerkennt die Regeln der schweizerischen Demokratie und ist politisch unabhängig. Er kann sich jedoch politisch für Anliegen, welche dem Sport und der Sportförderung dienen, einsetzen.
Das Jahr 2023 steht im Zeichen von «Lobbying im Sport»
Lobbyieren für Sport war nicht nur Thema des diesjährigen Forums, auch der «Fokus Sportkanton Zürich» befasst sich mit der Wechselwirkung zwischen Politik und Sport. Es wird aufgezeigt, wie Lobbying im Sport funktioniert, welche Mittel und Instrumente es dazu gibt und wie der Sport seinen Wert für die Gesellschaft noch besser vermitteln kann.
Fokus Sportkanton Zürich ist ein gemeinsames Projekt des Sportamts des Kantons Zürich und des Zürcher Kantonalverbands für Sport (ZKS).
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