Ehrenamt
Stabile Säule der Gesellschaft
Ob auf globaler, nationaler oder regionaler Ebene – die Bedeutung des freiwilligen Engagements für die Gesellschaft ist immens. Dies gilt im Sport noch mehr als in anderen Bereichen.
«Geschätzte Freiwillige, unterschätzen Sie Ihre zentrale Rolle für die Gesellschaft nicht – Sie sind der Kitt dieser Gesellschaft», sagte Jean-René Germanier am 4. Dezember 2010 in Bern. Der damalige Nationalratspräsident brachte es beim nationalen Startschuss zum Europäischen Freiwilligenjahr 2011 auf den Punkt: Der örtliche Krankenpflegeverein, die Pfadfinder, die Trachtengruppe, der Fussballclub oder die Naturschutzgruppe ohne Freiwillige? Undenkbar. Unmöglich.
Gemäss Definition stellt das freiwillige Engagement einen gesellschaftlichen Beitrag an Mitmenschen und Umwelt dar. Es wird aus freiem Willen, unentgeltlich und meist zeitlich befristet geleistet. Dabei ergänzt es die bezahlte Arbeit, ohne in Konkurrenz zu ihr zu treten. Unterschieden wird zwischen formeller und informeller Freiwilligenarbeit. Die formelle Tätigkeit findet innerhalb einer Organisation, einer Institution, eines Heims oder eines Vereins statt. Das Ehrenamt bezeichnet das unbezahlte Engagement einer in ein Amt gewählten Person, die nicht auf Entgelt und direkte Gegenleistungen ausgerichtet ist (z.B. Präsidium eines Vereins, Mitarbeit in der Schulkommission, Vorstandsmitglied eines Verbands oder einer Stiftung).
Dagegen wird das informelle Engagement nicht institutionell organisiert, sondern vor allem im Freundes- und Nachbarschaftskreis geleistet (Kinderbetreuung, Nachbarschaftshilfe oder Unterstützung hilfsbedürftiger Bekannten).
Das Land der Freiwilligen: Grösser als Deutschland oder Russland
Gemäss Zahlen aus dem Jahr 2018 des Bundesamts für Statistik (BfS) ist rund ein Fünftel der Schweizer Bevölkerung über 15 Jahren freiwillig in einem Verein, einer Organisation oder -Institution tätig – davon rund die Hälfte ehrenamtlich in Führungspositionen. Männer (21,7%) engagieren sich stärker als Frauen (17,4%). 8,6 Prozent der Männer und 3,9 Prozent der Frauen engagieren sich mit institutioneller Freiwilligenarbeit in einem Sportverein. Das formelle freiwillige Engagement findet vor allem vor der eigenen Haustüre statt. Über 80 Prozent engagieren sich in einem Verein, einer Organisation oder Institution in ihrer lokalen Umgebung.
Durchschnittlich wenden die Freiwilligen im Monat 28 Stunden auf, davon 13 Stunden für formelle und 15 Stunden für informelle Freiwilligenarbeit. Das ergibt ein geschätztes Gesamtvolumen von knapp 660 Millionen Stunden pro Jahr; 224 Millionen Stunden für institutionalisierte Freiwilligenarbeit. Den Wert der Freiwilligenarbeit für die Schweiz schätzt das BfS auf 34 Milliarden Franken.
Eindrückliche Zahlen liefert auch eine Studie der Johns-Hopkins-Universität aus Baltimore (USA), die in rund 50 Ländern durchgeführt wurde. In dieser Studie wird unter anderem der Anteil des Freiwilligensektors an die Volkswirtschaften erforscht. Freiwillige leisten demnach einen Beitrag von 400 Milliarden US-Dollar zur Weltwirtschaft. Die Zahl der Freiwilligen entspricht in Vollzeitäquivalenten umgerechnet weltweit rund 140 Millionen Menschen. Anders ausgedrückt: Wären die Freiwilligen eine Nation, stünden sie in der Liste der bevölkerungsreichsten Länder der Welt an neunter Stelle – noch vor Russland oder Deutschland.
Botschafter der Veranstaltungen
Nebst den Vereinen sind auch die Sportevents für die Schweiz von grosser Bedeutung. Jedes Jahr finden 230'000 Sportveranstaltungen statt, das heisst 630 Anlässe pro Tag. Im Kanton Zürich werden jährlich 35'000 Veranstaltungen in 100 Sportarten durchgeführt. Ob klein oder gross, sie sind die Schaufenster des Sports, der jeweiligen Sportart und Austragungsorte. Gemäss einer Studie des Instituts für Tourismuswirtschaft lösen die 230'000 Sportveranstaltungen zusammen jährlich einen Gesamtumsatz von 1,2 Milliarden Franken aus.
Damit diese Anlässe durchgeführt werden können, benötigen die Organisatoren die Unterstützung von Freiwilligen – im Eventbereich oft Volunteers genannt. Sie sind wichtige Botschafter. Mit ihrer Kompetenz, Begeisterung und Hilfsbereitschaft prägen sie den Eindruck, den die Besucher des Sportanlasses mit nach Hause nehmen. Oft sind die Freiwilligen die ersten Kontaktpersonen und sorgen mit ihrem engagierten und freundlichen Auftreten dafür, dass die Veranstaltung, der Veranstaltungsort, die Region und die ganze Schweiz im besten Licht dargestellt werden.
Freiwilliges Engagement im Sport hat zahlreiche Facetten. Dessen Bedeutung wird jedoch in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft oft noch unterschätzt. Müssten die Vereine die jeweiligen Einsatzstunden auszahlen, könnte kaum einer überleben. Das heisst: Ohne freiwilliges Engagement gäbe es keine Vereine und keinen Vereinssport. Es ist das Fundament des Sports schlechthin – quer durch alle Sportarten und Altersklassen hindurch.