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Vereinsentwicklung

Sportvereine als Brückenbauer

Der Winterthurer Handballverein Seen Tigers etablierte im Quartier das Mittagshandball. Das Angebot erfreut sich bei Schulen und Familien grosser Beliebtheit. Und der Klub konnte viele Nachwuchsspieler gewinnen.

2015 stellten sich die Seen Tigers in Winterthur die Frage, wie der Handballverein wieder an Bedeutung gewinnen und wie er Kinder in die Halle bringen kann. Zumal die Sportart in den Medien ihren Stammplatz eingebüsst hatte und weniger präsent war als in ihrer Blütezeit. Um sich für eine stärkere soziale Durchmischung einzusetzen und auf sich aufmerksam zu machen, organisieren die Seen Tigers einmal pro Woche ein polysportives Training für Flüchtlinge – mit grossem Erfolg.

Aus dieser Idee entstand das Projekt des Mittagshandballs mit anschliessendem Lunch. «Wir evaluierten das Potenzial in einer Pilotphase und starteten 2017 mit dem Regelbetrieb», erinnert sich Christoph Meili, ehemaliger Präsident und Spieler der Seen Tigers. «In einem Stadtkreis hatten wir zu Beginn 10 bis 15 Kinder und wir stellten das Projekt nach der Pilotphase ein. In einem anderen Stadtkreis stiess es auf grosses Interesse und wir haben nun regelmässig 30 bis 40 Kinder über Mittag in den Grossfeldhallen», berichtet Meili. Dabei trainieren Mädchen und Knaben gemeinsam – unter anderem unter der Leitung von Sven Enderle, Primarlehrer und ehemaliger Spieler von Pfadi Winterthur, sowie Marzia Mattes, Primarlehrerin sowie Spielerin und Trainerin der Seen Tigers.

«Die Kombination Sport und Verpflegung entspricht einem breiten Bedürfnis.»

Christoph Meili, ehemaliger Präsident und Spieler der Seen Tigers

Das Projektkonzept geht über den Sport hinaus. Der Verein baut nicht nur eine Brücke zur Schule, sondern auch eine über den Mittag sowie zwischen den Schülerinnen und Schülern: «Ballsportarten fördern die Entwicklung von komplexen Bewegungsabläufen. Im Spiel erwerben die Kinder die Fähigkeit, sich mit Normen und Regeln auseinanderzusetzen.» Beim gemeinsamen Mittagessen wird der Austausch mit Gleichaltrigen gefördert – mit dem positiven Nebeneffekt, dass für ausgewogene Ernährung gesorgt ist. «Wir haben schnell gemerkt, dass die Kombination Sport und Verpflegung einem breiten Bedürfnis entspricht», erklärt Christoph Meili. Kosten entstehen für die Teilnehmenden nicht; die Verpflegung wird vom Verein finanziert. Dies war zugleich die grösste Herausforderung: «Wir starteten ein Crowdfunding, um die Mittel zu generieren. Allerdings haben wir die Sportfaszination etwas überschätzt und mussten die Finanzierungsperiode verlängern», führt er aus.

Dies war allerdings die einzige Aufgabe, die etwas harzig lief. Das Mittagshandball, das im Schulhaus Mattenbach angeboten wird, ist als Tagesschulsportkurs ausgeschrieben und wird von Stadt und Kanton unterstützt und gefördert. «Die Stadt stellt uns die Hallen unentgeltlich zur Verfügung», so Christoph Meili. Und bei den Schulen rannten die Seen Tigers offene Türen ein. «Ich war lange Jahre Realschullehrer und hatte keine Mühe, meine ehemaligen Kolleginnen und Kollegen vom Projekt zu überzeugen», sagt Martin Meili, Vater von Christoph Meili sowie ebenfalls passionierter Handballspieler und -trainer.

Die Seen Tigers sind in der Handballhochburg Winterthur hinter Pfadi und Yellow die dritte Kraft. Während sich Letztere dem Spitzen- und Leistungssport verschreiben, haben sich die Seen Tigers als Quartierverein etabliert. «Wir sind in Winterthur der Verein mit den meisten eigenen Junioren», sagt Christoph Meili nicht ohne Stolz. In zwei Jahren stieg die Zahl der Kinder im Verein von 100 auf 180. Inzwischen haben Winterthur und sogar der Schweizerische Handball-Verband beim Quartierverein angeklopft, weil sie sich für das Erfolgsmodell interessieren. Dank dem Mittagshandball und Besuchen von den Trainern in Turnstunden sei die Bekanntheit des Vereins deutlich gestiegen. «Unser Ziel ist, dass jedes Kind im Quartier die Seen Tigers kennt», so Christoph Meili. Und sein Vater ergänzt: «Die Kinder kommen nicht wegen des ‹Handballschüelis› zu uns, sondern wegen Anlässen wie dem Mittagshandball.»

 

Quelle des Basisbeitrages: Dossier «Herausforderung Sportverein», Mai 2018
Herausgeber: Zürcher Kantonalverband für Sport und Sportamt Kanton Zürich

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