Sportkanton Zürich
Motor oder Fundament – Das Zusammenspiel von Spitze und Breite
Wie Breiten- und Spitzensport sich beeinflussen, war die zentrale Frage am 8. Forum Sportkanton Zürich. Und das Thema interessierte: Über 200 Teilnehmende bedeuten Rekord.
Koryphäen am Diskutieren: Peter Knäbel und Hippolyt Kempf im Gespräch mit Moderator Andreas Cueni.
Mario Fehr erklärte, wie er zum Sportler wurde.
Peter Knäbel: Neun Spieler der Startaufstellung gegen Belgien haben ihren Ursprung in einem Breitensportverein.
Hipployt Kempf erklärte, wie Dario Cologna als Motor für den Langlauf funktioniert.
V.l.n.r.: Stefan Schötzau, Beat Berger, Alex Naun, Hippolyt Kempf, Julia Schmid, Mario Fehr, Peter Knäbel, Josy Beer.
Das Thema «Alles Roger?!» stiess auf grosses Interesse.
Inputs für Vertreter von Gemeinden (Beat Berger) und Vereinen (Alex Naun) von Wissenschaftlerin Julia Schmid.
Wie sehr das Thema «Alles Roger?! Das Zusammenspiel von Breiten- und Spitzensport» die Zürcher Sportfamilie interessierte, war schnell erkennbar. Im Metropol blieb kein Stuhl unbesetzt; über 200 Vertreterinnen und Vertreter aus Vereinen und Verbänden, Gemeinden und Schulen sowie Sportnetzen bedeuten Rekord für das Forum Sportkanton Zürich. Basis war das FTEM-Modell von Swiss Olympic – der «idealtypische Athletenweg an die Spitze», wie es Stefan Schötzau, Chef des Sportamts des Kantons Zürich, beschrieb. «Wir wollen dies nutzen, um die Rahmenbedingungen für den Breitensport zu verbessern», ergänzte Josy Beer, ZKS-Geschäftsführerin und damit Co-Gastgeberin mit Schötzau.
Welchen Einfluss Spitzensport auf Breitensport haben kann, erläuterte Regierungsrat Mario Fehr in seiner Grussbotschaft: «Ich war als Schüler frech und faul. Aber ich hatte in meiner Klasse mit Matthias einen Spitzenschwimmer, der 14 Mal pro Woche trainierte und in der Schule trotzdem besser war als ich.» Der heutige Sportminister nahm sich den Schulkollegen als Vorbild und begann ebenfalls zu trainieren. «Und sofort wurden meine schulischen Leistungen besser», erzählte Fehr weiter. Noch heute absolviert Fehr vier Trainings pro Woche. «Matthias wies mir den Weg.»
«Die Spitze profitiert quantitativ. Die Breite profitiert qualitativ»
Peter Knäbel und Hippolyt Kempf legten in ihren Referaten dar, wie wichtig die Wechselwirkung zwischen Breiten- und Spitzensport ist. Wobei sie unterschiedliche Perspektiven einnahmen. Knäbel, ehemaliger technischer Direktor des Schweizerischen Fussballverbands, demonstrierte anhand der Startaufstellung der Schweizer Nationalmannschaft, die Belgien 5:2 schlug, wie viele Spieler aus Breitensportvereinen kommen – fünf gar aus Zürcher Vereinen.
Hintergrund ist das Projekt Footeco, das auf der FTEM-Skala zwischen T1 und T2 anzusiedeln sei. «Wichtig ist, die Etappen konkret zu benennen», betonte Knäbel. Bei Footeco werden die Spieler als «potenzielle Talente» bezeichnet. Entstanden ist Footeco, weil es «eine gefährliche Entwicklung der Professionalisierung» gab. Laut Knäbel habe dies dazu geführt, dass «dadurch die Breite reduziert wurde». Umfragen zeigen, dass die Spieler und Trainer mit dem System sehr zufrieden seien. «Die Spitze profitiert quantitativ. Die Breite profitiert qualitativ», so Knäbels Konklusion.
Dario Cologna als Motor für den Schweizer Langlauf
Die Wirkung von erfolgreichen Spitzenathleten, die im FTEM für «Mastery» stehen, veranschaulichte Hippolyt Kempf am Beispiel von Dario Cologna. «Die ‹Dario Cologna Fun Parcours› sind immer voll; viele Kinder machen mit», so der Chef Langlauf bei Swiss Ski. Dank Dario Cologna sei das Schweizer Langlauf-Team interessant für ausländische Toptrainer, die wiederum Impulse für die ganze Trainercrew mitbringen.
Kempf beschrieb weitere direkte Auswirkungen von Colognas Erfolgen: «Wir konnten das Betreuerteam ausbauen. Events wie Tour-de-Ski-Etappen in Müstair und Lenzerheide lockten neue Zuschauer an. Das hochmoderne Trainingszentrum ‹Dario Cologna› wurde realisiert. Und auch in Forschung und Entwicklung konnten wir mehr investieren.» Davon profitiere auch der gesamte Langlaufsport in der Schweiz, resümierte der Olympiasieger von 1988 und damit selber einer der Motoren für den nordischen Skisport in der Schweiz.
Wertvolle Hilfe für Sportanbieter
Methodische Aspekte lieferte Julia Schmid, wissenschaftliche Assistentin am Institut für Sportwissenschaft Universität Bern. In einer breit angelegten Befragung nach Motiven und Zielen von Freizeit- und Breitensportlern erarbeitete das Institut neun verschiedene Sporttypen. Für Sportanbieter wiederum könne dies eine wertvolle Hilfestellung sein, um die Angebote den Bedürfnissen entsprechend zu gestalten. «Nicht alle älteren Personen mögen Nordic Walking», fasste Schmid zusammen.
Inspiriert davon erklärte Alex Naun, Geschäftsführer des Zürcher Turnverbands, im anschliessenden Podiumsgespräch: «Vielleicht sind wir zu traditionell und müssen Ideen für neue Angebote entwickeln.» Beat Berger, Leiter Geschäftsfeld Sport bei der Stadt Uster, ergänzte: «Freude als Motiv ist einer unserer Ansatzpunkte bei den Fun Camps für Kinder.» Ebenso setzt Uster auf die Vorbildwirkung erfolgreicher Spitzensportler. Dank «Stars in der Schule» mit Svenja Stoffel und Sascha Touretski begeisterten sich die Kinder für den Schwimmsport.
Nach zwei spannenden, kurzweiligen Stunden hielt ZKS-Präsident Urs Hutter fest: «Das war Nahrung für unser eigenes Feuer. Nun müssen wir es weitertragen.» Weitere Inspiration wird das Dossier «Alles Roger?! Das Zusammenspiel von Breiten- und Spitzensport» liefern, das im Mai 2019 erscheinen wird. Das 9. Forum findet am Dienstag, 3. Dezember 2019, statt.
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