
Ehrenamt
Geschäftsbericht 2024: Vom Materialschuppen zum Wassersportzentrum – wie eine Vision zur Realität wird
Dem Drachenboot Club Meilen fehlt ein Clubhaus. Sandra Adlesgruber nahm sich dieses Problems in ihrer AMS-Diplomarbeit an, bei welcher sie vom ZKS unterstützt
wurde. Ihr Ziel: Ein Wassersportzentrum. Damit stiess sie auf offene Ohren.
Die Wasseroberfläche des Zürichsees ist spiegelglatt, nur gelegentlich wird sie von kleinen Wellen gebrochen. Der Nebel hängt tief über den Uferseiten, es geht ein frischer Wind. Der raue Herbst, er ist am Zürichsee eingekehrt – und mit ihm eine Prise Mystik.
Sandra Adlesgruber steht auf dem Steg, blickt aufs Wasser und saugt die idyllische Atmosphäre auf. «Es gibt nichts Schöneres, als auf dem See zu sein und die Landschaft zu geniessen. Das sind einzigartige Momente.» Links neben Adlesgruber steht ein kleiner Schuppen. Im Gegensatz zum Ambiente erscheint das Häuschen trostlos, in die Jahre gekommen. Dennoch wird es genutzt. Der Schuppen ist zum Bersten voll mit Booten und Paddelmaterial.
Alles gehört dem Drachenboot Club Meilen, einem Verein mit 55 Mitgliedern. Das Häuschen ist aber weder ein Clubhaus noch ein idealer Abstellplatz – es ist primär ein Dorn im Auge des bald 30-jährigen Vereins. Und dies versuchte Sandra Adlesgruber zu ändern.
Die Selbstverständlichkeit einer Ehrenamtlichen
Beginnen wir von vorne. Sandra Adlesgruber ist eine Wassersportlerin durch und durch. Vor einigen Jahren entdeckte die 47-Jährige auf einer Infotafel beim lokalen Vita Parcours einen Flyer des Drachenboot Clubs Meilen. «Als polysportiver Mensch wurde ich neugierig und wollte wissen, wie sich ein Mannschaftssport in einem Boot anfühlt.»
Der Köder wirkte. Seit 2018 ist Adlesgruber mit dabei. Und nicht nur das: Seit drei Jahren fungiert sie ehrenamtlich als alleinige Präsidentin beziehungsweise derzeit in einem Co-Präsidium.
Für die Marketing- und Kommunikationsfachfrau war es eine Chance, die sie einfach nutzen wollte: «Ich bin in Vereinen gross geworden. Da ist es für mich selbstverständlich, auch etwas zurückzugeben und meine Fähigkeiten ehrenamtlich einzubringen.» Ein Verein biete den Menschen so viele Vorteile, sagt Adlesgruber: Infrastruktur, Clubmaterial, unbezahlbare Erlebnisse, neue Erfahrungen und viele Freunde aus der Region mit der gleichen Passion.

Sandra Adlesgruber entdeckte vor einigen Jahren das Drachenboot für sich. Nun ist sie Präsidentin ihres Vereins. Fotos: Kurt Schorrer/ZKS
Mittlerweile kommt Bewegung auf dem Steg auf. Ein Drachenboot wird eingewässert und füllt sich langsam mit Leuten. In wenigen Augenblicken beginnt das Training des DBC Meilen.
Das Zusammensein, es ist der Antrieb vieler Mitglieder, erklärt Adlesgruber: «In einem Drachenboot sind zwischen 12 und 22 Sportlerinnen und Sportler. Man hat also auf einen Schlag jede Menge neuer Freunde.» Diese vereine nicht nur der Spass, sondern auch das gemeinsame Training und Arbeiten an Höchstleistungen. «Jeder ist wichtig, jede zählt. Wenn alle im Takt sind, dann fegt so ein volles Boot übers Wasser – ein wahnsinniges Gefühl.»
Umziehen in der Kälte und Dunkelheit
Doch da ist eben der angesprochene Dorn im Auge, ein Problem, das ein regelmässiges Vereinsleben verunmöglicht: Das Häuschen neben dem Steg, von wo aus man ins Wasser geht, erfüllt zwar seinen Zweck, mehr aber auch nicht. Doch insbesondere ein Clubhaus bräuchte der Verein für seinen Betrieb dringend.

Kein ideales Clubhaus: der Materialschuppen des DBC Meilen.
«Im Sommer kommen wir gut über die Runden. Meistens ist die Badi nebenan offen zum Umziehen oder um zusammenzusitzen und Anliegen zu besprechen», erklärt Adlesgruber.
Im Herbst und Winter werde es jedoch schwierig. «Wir trainieren bei jedem Wetter, müssen aber nach dem Training in nassen Kleidern bei Wind, Regen oder Schnee draussen verharren. Sich mitten auf dem Parkplatz im Dunkeln umzuziehen, ist nicht angenehm.» Und gleichzeitig könnten sie auch keine gemeinsame Zeit drinnen verbringen.
Alternativen gibt es keine. «Das schadet nicht nur der Geselligkeit, sondern auch dem Ganzjahresbetrieb des Vereins. Viele Mitglieder springen deswegen im Oktober ab und finden teils auch nicht mehr den Weg zurück in den Club.»
Durch das AMS-Diplom zur Vision
Adlesgruber wollte das Problem nicht auf sich sitzen lassen. Sie beschäftigte sich mit den Bedürfnissen der Mitglieder und der Hauptfrage, wie der Fortbestand des Vereins gesichert werden kann.
Dabei knüpfte sie Kontakte mit anderen Wassersportvereinen – und fasste schliesslich folgende Erkenntnis: «Es braucht einen zentralen Ort mit sanitären Anlagen, Lagermöglichkeiten und einem Raum für das soziale Miteinander.» Und zwar nicht nur für den Drachenbootverein, sondern auch für den Ruder- und Foilclub, die Bootsportsvereinigung, die Taucherinnen und Kayaker. Kurz: «Es braucht ein Wassersportzentrum.»
AMS-Absolventinnen geehrt
An der ZKS-Delegiertenversammlung erhielten nebst Sandra Adlesgruber (DBC Meilen) vier weitere Absolventinnen ein Diplom zum Associated Manager of Sports (AMS), namentlich: Annina Moser (Dance Unlimited Zurich), Cintia Cannavo (Schweiz Jugend Motocross Club / SC YF Juventus), Andrea Buser (SLRG Kloten)
und Greta Ricca (ehem. ZTV Berufstrainerin). Die Absolventinnen haben innerhalb des Lehrgangs 19 Kurse abgeschlossen, die von der KV-Business School und
dem ZKS organisiert wurden, und zum Abschluss eine Diplomarbeit verfasst.
Adlesgruber befand sich zu diesem Zeitpunkt gerade in der Diplomausbildung zum Associated Manager of Sports (AMS), bei welcher sie auch vom ZKS unterstützt wurde (siehe Box) – und konnte so ihr Problem mit einbringen und in einer Diplomarbeit minutiös niederschreiben, analysieren und ausarbeiten.
Darunter auch die Vorteile eines Wassersportzentrums: «Es gäbe sanitäre Anlagen, ein Dach über dem Kopf, öffentlichen Seezugang, Besprechungs- und Lagerräume, einen Kraftraum, um im Trockenen zu trainieren, und einen Aufenthaltsraum für alle.»

Der Wassersport wird in Meilen grossgeschrieben.
Die Vision sei eine harmonische Co-Existenz der Vereine, erklärt Adlesgruber. «Man könnte heute foilen, morgen rudern und übermorgen mit dem Drachenboot raus.» Zusammengefasst: Adlesgruber konnte in ihrer AMS-Diplomarbeit untermauern, weshalb die Region in und um Meilen dringend ein Wassersportzentrum benötigt.
Ernüchterung in Uetikon, Fortschritt in Meilen
Die Vision war definiert und Adlesgruber beliess es nicht einfach dabei. Sie ging aktiv auf die Behörden zu, unter anderem die Gemeinde Uetikon. Dort schien das Timing perfekt. Derzeit ist das Grossprojekt «Chance Uetikon» in der Planung und Umsetzung.
So soll das gesamte Areal der ehemaligen chemischen Fabrik umgebaut werden. Geplant sind der neue Standort der Kantonsschule, neue Wohnungen, Büroräume sowie freie Flächen zur Erholung. Entsprechend hat sich auch der DBC Meilen für eine Nutzung beworben.
Die ersten Signale der Gemeinde Uetikon seien positiv gewesen, erklärt Adlesgruber, Teile des Areals würden für den Wassersport reserviert sein. Aber dann folgte die Ernüchterung: «Das Wassersportzentrum ist nur ein kleines Puzzleteil in einem riesigen Gesamtplan. Entsprechend rückte die Entstehung auf der Zeitleiste immer weiter nach hinten.» Kürzlich musste Adlesgruber vernehmen, dass eine Realisierung erst ab 2030 möglich sei. «Das war sehr frustrierend.»
«Mein grösster Wunsch ist es, dass der Drachenbootclub Meilen endlich ein gebührendes Zuhause findet.»
Sandra Adlesgruber, Co-Präsidentin DBC Meilen
Doch dann kam eine Nachricht aus der Gemeinde Meilen. Auch dort hat Adlesgruber ihre Idee platziert – und stiess auf offene Ohren. «Die Gemeinde möchte analog meiner Arbeit ein Wassersporthaus realisieren. Bereits im Spätsommer 2024 wurden erste Pläne herumgereicht.»
Bebaut werden soll ein Areal am See in Feldmeilen – und zwar bereits ab 2025. «Während also Uetikon noch plant, könnte Meilen das Wassersporthaus auf der Überholspur aus dem Boden stampfen», erklärt Adlesgruber.
Der Traum einer Eröffnung zum Geburtstag
Mittlerweile hat das Meilemer Drachenboot abgelegt. Die Paddlerinnen und Paddler sind perfekt synchronisiert mit der Taktgeberin. Der Bug gleitet, ja schwebt über das Wasser. Die Szene hat etwas Hypnotisierendes. Adlesgruber beobachtet das Boot und sagt: «Mein grösster Wunsch ist es, dass der DBC Meilen endlich ein gebührendes Zuhause findet.»
Noch stehen einige Hürden im Weg, braucht es den Segen des Gemeinderats, des AWEL (Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft des Kantons) und der Gemeindeversammlung. Erst dann kann der Baustart erfolgen.
Adlesgruber ist aber optimistisch – und hat einen Traum: eine Fertigstellung auf 2026 hin, wenn der Verein 30 Jahre alt wird. «Mein Traum wird wahr, wenn wir dieses Jubiläum mit der ganzen Gemeinde Meilen im neuen Wassersporthaus feiern können. Dann haben sich meine Ausbildung und mein ehrenamtlicher Einsatz mehr als gelohnt.»